§ 6
Dienststellen

(1) Dienststellen im Sinne dieses Gesetzes sind die einzelnen Behörden, Verwaltungsstellen und Betriebe der in § 1 genannten Verwaltungen sowie die Gerichte.

(2) Die einer Mittelbehörde unmittelbar nachgeordnete Behörde bildet mit den ihr nachgeordneten Stellen eine Dienststelle; dies gilt nicht, soweit auch die weiter nachgeordneten Stellen im Verwaltungsaufbau nach Aufgabenbereich und Organisation selbständig sind. Mittelbehörde im Sinne dieses Gesetzes ist die der obersten Dienstbehörde unmittelbar nachgeordnete Behörde, der andere Dienststellen nachgeordnet sind.

(3) Nebenstellen, Außenstellen und Teile einer Dienststelle, die räumlich weit von dieser entfernt liegen oder durch Aufgabenbereich und Organisation eigenständig sind, gelten als selbständige Dienststellen, wenn die Mehrheit ihrer wahlberechtigten Beschäftigten dies in geheimer Abstimmung beschließt. Der Beschluss ist für die folgende Wahl und die Amtszeit der aus ihr hervorgehenden Personalvertretung wirksam.

(4) Die Gemeinden, Gemeindeverbände, Landkreise und sonstigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts bilden je eine Dienststelle im Sinne dieses Gesetzes. Absatz 3 gilt entsprechend, für Gemeinden jedoch mit der Maßgabe, dass nur durch Organisation und Aufgabenbereich eigenständige Nebenstellen und Teile der Dienststellen als selbständige Dienststellen gelten können. Bei Gemeinden, Gemeindeverbänden und Landkreisen kann die Entscheidung nach Absatz 3 auch durch das in ihrer Verfassung vorgesehene oberste Organ getroffen werden; der Beschluss kann nur von der Seite aufgehoben werden, die ihn gefasst hat.

(5) Bei gemeinsamen Dienststellen verschiedener Körperschaften, insbesondere den Landratsämtern, gelten die Beschäftigten jeder Körperschaft als Beschäftigte einer besonderen Dienststelle. Dienststelle für Beschäftigte des Schulträgers an einer Schule ist die Beschäftigungsdienststelle.

Vergleichbare Bestimmungen: § 6 BPersVG

Erläuterung:

Absatz 1

1 Das Gesetz nennt als Dienststellen ausdrücklich die Behörden, Verwaltungsstellen und Betriebe der in § 1 genannten Verwaltungen. Der Begriff der Dienststelle im personalvertretungsrechtlichen Sinne umfasst die organisatorische Verwaltungseinheit, die sich grundsätzlich nach dem Aufbau der Verwaltung richtet. Die räumliche Entfernung einzelner Teile spielt dabei zunächst keine Rolle. Dienststellen sind nur solche Einheiten, die einen eigenständigen Aufgabenbereich haben und über eine selbständige Organisation verfügen. Dies ist nur dann der Fall, wenn der Leiter der Einheit in beteiligungspflichtigen Angelegenheiten über gewisse Entscheidungsbefugnisse verfügt, auch wenn er Weisungen übergeordneter Behörden unterliegt. Fehlt ein solcher Entscheidungs- und Handlungsspielraum, ist eine Einrichtung auch dann keine Dienststelle im personalvertretungsrechtlichen Sinne, wenn sie räumlich und hinsichtlich ihrer Aufgaben von anderen Einrichtungen des gleichen Verwaltungsträgers getrennt ist (BVerwG vom 13.8.86 - 6 P 7.85-, PersR 87, 20). Die Dienststelleneigenschaft ist nicht gegeben, wenn die Leitung der Einrichtung hinsichtlich der Mehrzahl der bedeutsamen personellen, sozialen, organisatorischen und sonstigen innerdienstlichen Angelegenheiten keine Entscheidungskompetenz hat ((BVerwG, Beschluss vom 29. März 2001 – 6 P 7/00 –, juris). Bei der Gewichtung kommt den Angelegenheiten der vollen und eingeschränkten Mitbestimmung eine größere Bedeutung zu als den Mitwirkungs- und Anhörungsangelegenheiten ((Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 12. April 2011 – PL 9 A 969/10 –, Rn. 22, juris; unter Verweis auf BVerwG, Beschluss vom 3. Juli 1991 - 6 P 18.89)

2 Der Zweck, dem die Einrichtung dient, ist unerheblich. Selbst Einrichtungen, die arbeitstechnische Zwecke verfolgen, die üblicherweise von privaten Betrieben wahrgenommen werden, gelten als Dienststelle, sofern Träger die öffentliche Verwaltung ist.

Absatz 2

3 Das Gesetz geht grundsätzlich von einem dreistufigen Verwaltungsaufbau in der Landesverwaltung aus. Das Gesetz ist nicht an § 11 des Thüringer Gesetz über die Grundsätze von Funktional- und Verwaltungsreformen (ThürGFVG) angepasst, dass als Zielstellung des zweistufigen Verwaltungsaufbau der Landesverwaltung mit Ausnahme der Gerichte, Staatsanwaltschaften und Polizei vorsieht. Der mehrstufige Aufbau ist für die Bildung von Stufenvertretungen von Bedeutung. Die obersten Dienstbehörden des Landes sind die Staatskanzlei, die Ministerien, der Landtag und der Landesrechnungshof. Mittelbehörden im Sinne des Abs. 2 sind nur solche, die der obersten Dienstbehörde unmittelbar nachgeordnet sind und denen selbständige Dienststellen (untere Behörden) nachgeordnet sind. Dies sind die Landespolizeidirektion, das Landesamt für Finanzen das Oberlandesgericht, Oberverwaltungsgericht, Landesarbeitsgericht, Landessozialgericht, die Generalstaatsanwaltschaft und das Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz. Auf jeder Ebene werden zunächst örtliche (Haus-) Personalräte gebildet. Bei den Mittelbehörden werden Bezirkspersonalräte und bei den obersten Dienstbehörden mit nachgeordneten Behörden Hauptpersonalräte gebildet.

4 Keine Mittelbehörden sind die oberen Dienstbehörden des Landes, wenn diese keine selbständigen nachgeordneten Dienststellen haben. Dies sind z.B.das Landeskriminalamt, das Statistische Landesamt, das Landesamt für Verbraucherschutz, das Landesrechenzentrum, das Landesamt für Bau und Verkehr. Diese Beschäftigten sind wahlberechtigt zu ihrem örtlichen Personalrat und zu dem Hauptpersonalrat ihres Ministeriums.

5 Hat eine Verwaltung im Landesbereich mehr als drei Stufen, weil den der Mittelbehörde nachgeordneten Dienststellen wiederum weitere Stellen nachgeordnet sind, so gelten diese nicht als Dienststellen. Sie werden der Dienststelle personalvertretungsrechtlich zugeordnet, die der Mittelbehörde unmittelbar nachgeordnet ist. Ausnahmsweise gelten diese Stellen als eigenständige Dienststellen und wählen somit einen eigenen Personalrat, wenn sie nach Organisation und Aufgabenbereich selbständig sind (vgl. BVerwG vom 19.4.78 - 6 P 22.78-, PersV 79, 191). Das sind in Thüringen die Amtsgerichte.

Absatz 3

6 Ausnahmsweise kann von dem Grundsatz „eine Dienststelle - ein Personalrat“ abgewichen werden. Nebenstellen oder sonstige Dienststellenteile (z.B. Außenstellen) können als selbständige Dienststelle gelten und somit einen eigenen Personalrat wählen, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen. Unter Nebenstelle versteht man dabei eine Verwaltungseinheit mit eigenen Aufgaben, die jedoch der Hauptdienststelle untersteht. Außenstellen dienen demgegenüber dem Zweck der Hauptdienststelle, die lediglich räumlich von der Hauptdienststelle getrennt sind. Für Teile einer Dienststelle kann grundsätzlich beides zutreffen.

7 Zwei Voraussetzungen können (eine muss) alternativ für eine Verselbständigung vorliegen: Erste Voraussetzung für die Verselbständigung und Wahl eines eigenen Personalrates ist, dass die Leitung der Nebenstelle Befugnisse hat, die der Beteiligung der Personalvertretung unterliegen. Darunter fallen natürlich die Mitbestimmungstatbestände des § 73, aber auch die allgemeinen Beteiligungstatbestände der §§ 66 ff.

8 Alternativ muss die Nebenstelle räumlich weit von der Hauptdienststelle entfernt liegen. Es kommt dabei nicht allein auf die Entfernung nach Kilometern an. Die tatsächliche Erreichbarkeit ist entscheidend. Die Verkehrsverhältnisse müssen es gewährleisten, dass der Personalrat seine Aufgaben in der Nebenstelle oder dem Dienststellenteil erfüllen kann. Wegezeiten bis zu einer Stunde sind den Mitgliedern des Personalrates wie auch den Beschäftigten zumutbar (vgl. BVerwG vom 14.7.87 - 6 P 9.86-, PersR 87, 195). Allerdings spricht nach späterer Rechtsprechung schon bei einer Entfernung ab 20 km eine Vermutung dafür, dass die Aufgabenerfüllung für den Personalrat schwierig ist, so dass eine Abtrennung möglich wird (vgl. BVerwG vom 29.5.91 - 6 P 12.89-, PersR 91, 334). Nicht maßgeblich ist in diesem Fall, ob der Leiter der Nebenstelle oder des Dienststellenteils Entscheidungsbefugnisse hat (BVerwG vom 29.03.2001 - 6 P 7.00). Es muss noch nicht einmal ein Nebenstellenleiter vorhanden sein (BVerwG vom 13.09.2010 - 6 P 14/09). Nach dieser Rechtsprechung hat der örtliche Personalrat keinen Informationsanspruch gegen den Leiter der Hauptdienststelle. Er hat auch keinen Anspruch auf Bestellung eines Nebenstellenleiters. Ein solcher örtlicher Personalrat hat keine Rechte und Befugnisse, die er ausüben könnte. Auch ein Initiativrecht gegenüber den Leiter der Hauptdienststelle besteht nicht (VG Magdeburg vom 29.09.2006 - 11 A 16/06). Ein solcher örtlicher Personalrat hat lediglich das Recht auf Gelegenheit zur Äußerung gegenüber dem Gesamtpersonalrat, § 82 Abs. 3 iV mit Abs. 2). Liegen z.B. die Hauptdienststelle in Halle und zwei Nebenstellen ein Magdeburg können sich beide Nebenstellen in Magdeburg verselbständigen (Liegenschaftsprinzip).

9 Die gemeinsame Verselbständigung mehrerer Nebenstellen, Außenstellen oder Dienststellenteile ist nicht zulässig, auch wenn die jeweiligen Leiter der Nebenstellen personalvertretungsrechtlich relevante Befugnisse haben. Diese müssten ansonsten ein vom ThürPersVG nicht vorgesehenes Kollegium bilden, um gegenüber einem Personalrat handeln zu können (vgl. OVG LSA vom 26.5.99 – A 5 S 13/97-; PersV 2000, S. 33).

10 Eine Dienststelle gilt nur dann als selbständige Dienststelle, wenn die Mehrheit der wahlberechtigten Beschäftigten dies in geheimer Abstimmung beschließt. Die Abstimmung ist durch einen Abstimmungsvorstand durchzuführen. Sie kann jederzeit, also auch außerhalb des Wahlzeitraums des § 26 Abs. 1 Satz 1 durchgeführt werden. Das Ergebnis der Abstimmung ist dem Wahlvorstand spätestens acht Arbeitstage nach der Bekanntgabe des Wahlvorstands vorzulegen (§ 4 Satz 1 Nr. 3 ThürPersVWO).

11 Der Beschluss ist nur für die folgende Wahl und die daraus folgende Amtszeit der Personalvertretung wirksam. Das heißt, vor jeder Wahl ist erneut eine Vorabstimmung über die Verselbständigung erforderlich.

Absatz 4

12 Neben der mehrstufigen Landesverwaltung unterfallen dem Gesetz auch die in Abs. 4 genannten einstufigen Verwaltungen der Gemeinden, Gemeindeverbände, Landkreise und sonstigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Diese Verwaltungen bilden grundsätzlich eine Dienststelle. Es sind auch Verselbständigungen nach Abs. 3 möglich. Für Gemeinden gilt die Besonderheit, dass eine Verselbständigung nur bei durch Organisation und Aufgabenbereich eigenständige Dienststellenteilen möglich ist. Das ist schlüssig, da in einer Gemeinde eine räumlich weite Entfernung nicht vorliegen kann. In den Kommunen kann auch das oberste Organ (Gemeinde-, Stadtrat, Verbandsversammlung, Kreistag) die Verselbständigung von Dienststellenteilen beschließen. Satz 3 Halbsatz 2 bestimmt, dass der Beschluss nur von der Seite (oberstes Organ oder Vorabstimmung der Beschäftigten) aufgehoben werden kann, die ihn gefasst hat. Diese Bestimmung würde nur Sinn machen, wenn im Bereich der Kommunen ein solcher Beschluss abweichend von Abs. 3 Satz 2 nicht nur für die kommende Wahl und Amtszeit wirksam ist, sondern auf Dauer bis zur Aufheben. Da eine Abweichung nicht vorgesehen ist, ist Halbsatz 2 eigentlich überflüssig.

Absatz 5

13 Bei gemeinsamen Dienststellen verschiedener Körperschaften bilden die Beschäftigten jeder Körperschaft eine eigenständige Dienststelle. Landratsämter sind sowohl Behörde des eigenen Wirkungskreises als auch untere staatliche Verwaltungsbehörden, für die das Land Personal stellt. An Schulen in kommunaler Trägerschaft sind die Lehrkräfte Landesbeschäftigte. Für die übrigen Beschäftigten wie Verwaltungsangestellte, Hausmeister ist Dienststelle nicht die Schule, sondern die Gemeinde nach Absatz 4.

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