§ 1 Geltungsbereich

(1) In den Verwaltungen und Betrieben des Landes, der Gemeinden, der Gemeindeverbände, der Landkreise und der sonstigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht des Landes unterstehen, sowie in den Gerichten des Landes werden Personalvertretungen gebildet.

(2) Untersteht die beaufsichtigte Stelle nicht der alleinigen Aufsicht des Landes, so gelten die Bestimmungen dieses Gesetzes nur, soweit dies im Staatsvertrag bzw. Gesetz zur Errichtung dieser Stelle ausdrücklich geregelt ist.

Vergleichbare Vorschriften: § 1 BPersVG

Erläuterung:

Absatz 1

1 Die Vorschrift regelt den räumlichen und sachlichen Geltungsbereich. Entsprechend der bundesgesetzlichen Rahmenvorschrift des § 95 Abs. 1 BPersVG werden die landesrechtlichen Voraussetzungen zur Bildung von Personalvertretungen geschaffen.

2 Räumlich erstreckt sich die Anwendung des Gesetzes auf das Gebiet des Freistaates Thüringen.

3 Der sachliche Geltungsbereich des Personalvertretungsgesetzes erfasst alle Verwaltungen und Betriebe des Landes, der kommunalen Gebietskörperschaften Landkreise, Städte und Gemeinden, der Gemeindesverbände und der sonstigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht des Landes unterstehen.

 Unter den sachlichen Geltungsbereich fallen auch die Gerichte, die Bestandteil der Judikative sind.

5 Verwaltungen sind alle Behörden und Dienststellen der genannte Träger, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen.

6 Betriebe sind Regiebetriebe, Eigen- und Landesbetriebe.

Unter einem Regiebetrieb versteht man einen unselbständigen, in die Verwaltungshierarchie eingegliederten Betrieb. Er wird als Abteilung oder Amt der Verwaltung geführt (z.B. Gärtnereien, Stadtreinigungsämter). Das Gesetz ordnet die Regiebetriebe der Verwaltung zu. Die kommunalen Eigenbetriebe sind in § 76 ThürKO und der ThürEBV geregelt. Eigenbetriebe sind Unternehmen ohne eigene Rechtspersönlichkeit, die aber im Rahmen der Betriebssatzung eigenständig handeln können.

Von den Eigen- und Regiebetrieben zu unterscheiden sind die Eigengesellschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit. Sie werden in privater Rechtsform, meist als AG oder GmbH, geführt. Für diese Betriebe gilt das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG), auch wenn Allein- oder Mehrheitsgesellschafter die öffentliche Hand ist. Für die Abgrenzung der Anwendungsbereiche des BetrVG und des Personalvertretungsgesetzes kommt es nicht auf die Funktion, sondern ausschließlich auf die Rechtsform der Einrichtung an (vgl. BVerwG vom 9.12.80 - 6 P 23.79- PersV 81, 506). Ist Träger des Betriebes oder der Einrichtung eine juristische Person des öffentlichen Rechts, so findet das Personalvertretungsrecht (Bundespersonalvertretungs- oder Länderpersonalvertretungsgesetz) Anwendung. Ist hingegen Träger eine Privatperson, eine Kapitalgesellschaft (z.B. AG oder GmbH), eine Personengesellschaft (z.B. OHG oder KG) oder ein Verein (e.V.), so gilt das Betriebsverfassungsgesetz. Im Bereich der Kirche und ihrer Einrichtungen gilt das Mitarbeitervertretungsrecht. Personalvertretungsrechtliche Probleme ergeben sich bei der Umwandlung von einer Rechtsform in die andere (zur Umwandlung eines öffentlich-rechtlichen Betriebes in eine privatrechtlich betriebene Eigengesellschaft vgl. BVerwG vom 9.12.80 - 6 P 23.79-, PersV 81, 506). Bislang wird dazu die Meinung vertreten, dass die Bildung eines „Übergangspersonalrates“ analog der Vorschrift des § 21a BetrVG nicht möglich sei. In der Praxis gibt es im Regelfall freiwillige Vereinbarungen zwischen der Dienststellenleitung/ dem Arbeitgeber und dem bisherigen Personalrat über die Wahrnehmung der Rechte aus dem BetrVG bis zur Wahl des Betriebsrates.

Die Körperschaft des öffentlichen Rechts ist ein Verband, der aus dem Zusammenschluss von Mitgliedern gebildet wird. Zweckverbände werden als öffentlich-rechtliche Körperschaften zur gemeinsamen Erfüllung öffentlicher Aufgaben im kommunalen Bereich gebildet (vgl.§ 16 ThürKGG. Zu den öffentlich-rechtlichen Körperschaften zählen die Innungen und Kammern, die Träger der Sozialversicherung (z.B. Allgemeine Ortskrankenkasse, Innungskrankenkassen). Das ThürPersVG findet nur auf öffentlich-rechtliche Körperschaften Anwendung, die der Aufsicht des Landes unterstehen, im Gegensatz zu den bundesunmittelbaren Körperschaften (z.B. die Bundesagentur für Arbeit wendet das BPersVG an). Auf die öffentlichen Versicherungen findet das Gesetz Anwendung. Hochschulen sind Körperschaften des öffentlichen Rechts und gleichzeitig staatliche Einrichtungen (vgl. § 2 Abs. 1 ThürHG).

10 Anstalt des öffentlichen Rechts ist eine auf landes- oder bundesrechtlicher Grundlage errichtete Rechtsperson, die der Erfüllung öffentlicher Zwecke dienen soll. Auf der Grundlage des Sparkassengesetzes werden die Sparkassen als kommunale Anstalten des öffentlichen Rechts gebildet. Kommunale Anstalten können nach dem § 76a ThürKO gebildet werden. Öffentlich-rechtliche Anstalten sind auch die Rundfunkanstalten. Kraft Staatsvertrag über den Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) vom 30.5.91 gilt für den MDR das Bundespersonalvertretungsgesetz vom 15.3.74 in der bei Abschluss des Staatsvertrages geltenden Fassung (vgl. Staatsvertrag über den Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) vom 25.06.91, GVBl. S. 111) und nicht das ThürPersVG. Das ThürPersVG findet nur auf öffentlichrechtliche Anstalten Anwendung, die der Aufsicht des Landes unterstehen, im Gegensatz zu den bundesunmittelbaren Anstalten (z.B. Deutsche Bundesbank, Bundesanstalt für den Güterfernverkehr wenden BPersVG an).

11 Stiftung des öffentlichen Rechts ist eine eigene Rechtsperson, die eine Vermögensmasse oder Sacheinrichtungen verwaltet und verwertet (z.B. Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten, Stiftung Weimarer Klassik). Nach § 13 ThürStiftG können staatliche Stiftungen des öffentlichen Rechts nur durch Gesetz errichtet oder aufgelöst werden. Die einzelne Stiftung entsteht idR durch Gesetz (z.B. WeimarKlStiftG TH 2009). Das ThürPersVG findet nur auf öffentlich-rechtliche Stiftungen Anwendung, die der Aufsicht des Landes unterstehen, im Gegensatz zu den bundesunmittelbaren Stiftungen (z.B. die bundesunmittelbare Stiftung Preußischer Kulturbesitz wendet BPersVG an).

12 Gerichte üben die rechtsprechende Gewalt im Staat aus. Gerichte des Landes sind die Amtsgerichte, die Landgerichte, das Oberlandesgericht, die Verwaltungsgerichte, das Oberverwaltungsgericht, die Sozialgerichte, das Landessozialgericht, die Arbeitsgerichte, das Landesarbeitsgericht, das Finanzgericht und das Landesverfassungsgericht. Hierzu zählen auch die Staatsanwaltschaften und die Generalstaatsanwaltschaft.

13 Das Gesetz enthält die Verpflichtung zur Bildung von Personalvertretungen, ohne dass die Nichteinhaltung dieser Pflicht Sanktionen zur Folge hat. Örtliche Personalräte werden bei der Dienststelle gebildet (§ 6). Neben den örtlichen Personalräten werden unter bestimmten Voraussetzungen Gesamtpersonalräte gewählt (§ 55 i.V.m. § 6 Abs. 3). Im Geschäftsbereich der mehrstufigen Landesverwaltung werden auf der Mittelstufe Bezirkspersonalräte und bei den obersten Dienstbehörden Hauptpersonalräte gebildet (§ 53 Abs. 1).

14 Die Personalvertretung repräsentiert alle Beschäftigten (§ 4) der Dienststelle. Die gesetzliche Regelung des Personalvertretungsrechts folgt aus dem Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) und den Grundrechtsverbürgungen des Grundgesetzes (BVerfG vom 26.5.70 - 2 BvR 311/67, BVerfGE 28, 314 und vom 18.12.85 - 1 BvR 143/83; offen gelassen von BVerfG vom 24.5.95 – 2 BvF 1/92 – BVerfGE 93, 37). Der Personalrat hat die Aufgabe, die Interessen der Beschäftigten und die Verwirklichung ihrer Grundrechte gegenüber dem Dienstherrn in kollektiver Vertretung wahrzunehmen.

Absatz 2

15 Absatz 2 stellt klar, dass grundsätzlich nur die Körperschaften, Anstalten und Stiftungen dem Gesetz unterfallen, die der alleinigen Aufsicht durch das Land unterstehen. In anderen Fällen (wie z.B. dem MDR, Rn. 10), gilt das Gesetz oder Teile davon nur, wenn dies im Staatsvertrag oder Errichtungsgesetz geregelt ist.

Drucken